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2. Quartiersforum Stadt Eschweiler

II. Quartiers-Forum: „Bürgerschaftliches Engagement!“

Diente das 1. Quartiers-Forum im Projekt „Altengerechtes Quartier Eschweiler-Zentrum“ am 5. Juli 2016 unter dem Motto „Jetzt sind Sie dran!“ noch einer ersten Bestandsaufnahme, welche Themen und Aspekte aus der Sicht von Bewohnerinnen und Bewohnern, Organisationen und Einrichtungen zukünftig bei der Quartiersentwicklung im Vordergrund stehen sollten, so konzentrierte sich das 2. Quartiersforum am 7. September 2016 im Ratssaal des Rathauses der Stadt Eschweiler auf das Thema „Bürgerschaftliches Engagement zur Verbesserung der Lebenssituation von älteren Menschen“. Dazu konnte der Seniorenbeauftragte der Stadt Eschweiler Peter Toporowski mehr als 50 Bürgerinnen und Bürger sowie Repräsentanten von Organisationen und Einrichtungen aus dem Bereich der Seniorenarbeit in Eschweiler sowie Vertreterinnen und Vertreter politischer Gremien und Parteien begrüßen. So wie beim ersten Mal wurde auch das 2. Quartiersforum um 16:00 Uhr und noch einmal um 18:00 Uhr durchgeführt, um auch Berufstätigen eine Teilnahme zu ermöglichen.

Nach einer kurzen Einführung in das Themenfeld durch den Seniorenbeauftragten startete Ivo Schlenter, Direktor der Stichting Katharina Kasper aus dem niederländischen Geleen, mit seinem Vortrag über eine Neuorganisation der Zusammenarbeit zwischen professionellen Anbietern von Hilfen für ältere Menschen, ehrenamtlich Tätigen und Angehörigen von älteren Menschen. Die Stichting Katharina Kasper hat dazu im Grenzort Schinveld, der zur niederländischen Gemeinde Onderbanken gehört, ein neues Tagesbetreuungszentrum eingerichtet. Dieses barrierefrei erreichbare Tagesbetreuungszentrum, das im Erdgeschoss eines ehemaligen Bankgebäudes mitten in Schinveld eingerichtet wurde, bietet älteren Menschen aus dem Ort die Möglichkeit, dort ihren Tag zu verbringen, sich mit anderen auszutauschen, gemeinsam Mittag oder Abendbrot zu essen und das gesellige Beisammensein zu pflegen. Das Zentrum ist inzwischen nach fast zwei Jahren seit seiner Einrichtung ein zentraler Treffpunkt für ältere Menschen im Ort geworden. Dort treffen sich aber nicht nur ältere Menschen, sondern auch deren Angehörige und auch jüngere, die sich engagieren möchten, sind willkommen. Auch um das leibliche Wohl der älteren Menschen kümmern sich im Zentrum professionelle und ehrenamtliche Helfer gemeinsam: Das Mittagessen, das von jedem älteren Menschen kurzfristig gebucht werden kann, ist eine der Domänen der Ehrenamtler. Gekocht in der zentralen Küche der Stichting Katharina Kasper wird es mittags an kleinen Tischen individuell serviert von Ehrenamtlern. Und für diejenigen, die nicht mehr so mobil sind, kommt der Mittagsservice auf Wunsch durch Ehrenamtler auch nach Hause. Gemeinsame Mahlzeiten in einem „familiären“ Ambiente sind ein wichtiges Element des Tageszentrums, alle Gruppen miteinander ins Gespräch zu bringen und auch zu halten.

Das Tageszentrum in Schinveld ist als „offenes Haus“ konzipiert: Keiner, der hier zu Gast ist oder als ehrenamtlicher Betreuer aktiv wird, geht langfristige Verpflichtungen ein oder muss gar „Mitglied“ werden. Diese „Offenheit“ stellt nach Darstellung von Ivo Schlenter aber auch erhöhte Anforderungen an die Organisation des Ganzen: Anders als bei ehrenamtlich Aktiven, die dauerhaft Mitglied einer Organisation sind oder sich dauerhaft in einer Einrichtung als Ehrenamtler verpflichten, ist für viele das bürgerschaftliche Engagement für ältere Menschen im Ort Engagement auf Zeit: mal eine Stunde, mal 5 Stunden in der Woche, dann wieder gar nicht, und in einem Monat vorrangig an einem oder zwei bestimmten Wochentagen, so wie es das Zeitbudget der Ehrenamtler eben zulässt. Und auch das Spektrum des bürgerschaftlichen Engagements ist sehr unterschiedliche, betonte Ivo Schlenter: Es reicht vom gelegentlichen Kümmern um den Nachbarn, der schon mal Hilfe braucht, bis hin zur Teilnahme an einem neu aufgebauten sozialen Unterstützungsnetzwerk, von dem jeder ältere Mensch im Ort Hilfe und Unterstützung bei Bedarf anfordern kann. Damit da die Ehrenamtler und die älteren Menschen, die Unterstützung benötigen, auch passend und zeitnah zusammenkommen, wird in Schinveld die Arbeit des Unterstützungsnetzwerkes mit Hilfe des Tools „CarenZorgt“ organisiert: „CarenZorgt“, so schilderte Schlenter, ist eine sehr einfach zu nutzende Internetanwendung, mit der die Hilfesuchenden ihren Unterstützungsbedarf – was ist zu tun, wann? – anmelden. Auch die Ehrenamtler „bewerben“ sich mit ihrem „Angebot“ mit den benötigten Informationen bei „CarenZorgt“. ein: So treffen sich dann direkt Hilfebedürftiger und ehrenamtlicher Unterstützer genau passend. Das System wird durch den Betreiber moderiert, d.h. man achtet darauf, dass für die Hilfesuchenden sich auch tatsächlich ein Anbieter von Unterstützung direkt findet. Andernfalls wird die Hilfe vom Tageszentrum in Schinveld organisiert. „So bleibt keiner unver“zorgt“, berichtete Ivo Schlenter.

Damit nun der Blick über die Grenze in die Niederlande zur Neuorganisation des bürgerschaftlichen Engagements auch bei uns Wirkung zeigen kann, hatten sich die Macher des 2. Quartiersforums politische Entscheidungsträger und Experten an Bord geholt: In einer Podiumsdiskussion erklärten Stefan Kämmerling - Mitglied des Landtages Nordrhein-Westfalen-, Maria Mundt – Vorsitzende des Sozialausschusses des Rates der Stadt Eschweiler-, Stephan Löhmann – Stellvertretender Vorsitzender des Sozialausschusses des Rates der Stadt Eschweiler und hauptberuflicher Pflegeberater -, der beim Abendtermin des 2. Quartiersforum von Heinz Thoma – Mitglied des Sozialausschusses des Rates der Stadt Eschweiler – vertreten wurde, sowie Dr. Wolfgang Joußen, der das Projekt sozialwissenschaftlich begleitet, welche Möglichkeiten und Notwendigkeiten sie aktuell und zukünftig dem bürgerschaftlichen Engagement zur Verbesserung der Lebenssituation von älteren Menschen beimessen. Stefan Kämmerling wies dazu darauf hin, dass sich der Anteil der älteren und alten Bevölkerung in NRW und auch in Eschweiler weiter vergrößern wird und damit diese Bevölkerungsgruppe damit noch stärker als bisher der Bedarf an Pflege und Betreuung zunehmen wird. Aus einer Sicht heißt das dann auch, dass die Anforderungen an die professionellen Unterstützungseinrichtungen ebenso wachsen werden wie an die Arbeit von ehrenamtlichen Unterstützern. Dabei müssten die unterschiedlichen Bedingungen und Möglichkeiten von großen und kleineren Städten und Gemeinden berücksichtigt werden. Eschweiler ist bei der sozialen und pflegerischen Versorgung aus Sicht von Stefan Kämmerling bereits gut aufgestellt, und daran gelte es für die Zukunft anzuknüpfen. Stefan Kämmerling hält auch eine ähnlich IT-gestützte Anwendung für die Arbeit in Eschweiler für sinnvoll, da man auf diese Weise sicherlich auch jüngere Menschen für eine Mitarbeit im Unterstützungsnetzwerk gewinnen könnte. Für Stephan Löhmann steht außer Frage, dass zukünftig für die Unterstützung von älteren und alten Menschen noch mehr bürgerschaftliches Engagement erforderlich sein wird. Bürgerschaftliches Engagement kann aber aus seiner Sicht die professionelle Arbeit mit und für ältere Menschen nicht ersetzen, so dass für ihn wichtig ist, ehrenamtlich Tätige für ihre anspruchsvolle und schwierige Arbeit auch immer wieder zu qualifizieren und eine systematische Kooperation zwischen Ehrenamt und professionellen Dienstleistern für ältere Menschen zu schaffen. Für Maria Mundt stellt sich die Aufgabe, auf der kommunalen Ebene das Versorgungs-, Betreuungs- und Pflegesystem für ältere Menschen zu verbessern, nicht nur für das Quartier Zentrum in Eschweiler, sondern für alle Stadtteile, insbesondere auch für die ländlichen. Nach ihren Erfahrungen sind die Anforderungen aber in den Stadtteilen durchaus unterschiedlich. Wichtig ist daher aus ihrer Sicht, das richtige System für den jeweiligen Stadtteil zu finden. Für Dr. Wolfgang Joußen lässt sich am Beispiel von Schinveld in den Niederlanden erkennen, dass so etwas wie ein „New Deal“ zwischen den ehrenamtlich Tätigen, den professionellen Anbietern von Dienstleistungen für ältere Menschen und dem sozialen Umfeld erforderlich ist, wenn die Aufgabe darin besteht, älteren Menschen so lange wie möglich ein Leben in den „eigenen“ vier Wänden zu ermöglichen. Wichtig sei aber zu sehen, dass viele Menschen heute anders als früher eher ein zeitlich begrenztes ehrenamtliches Engagement ohne Mitgliedschaft in einer Organisation eingehen möchten. „Auch das Ehrenamt verändert sich nach allen vorliegenden Untersuchungen“, so ist Dr. Joußen sicher. Ein ähnliches IT-Tool wie das in Schinveld genutzte System „CarenZorgt“ sei daher eine Möglichkeit, wie man angesichts dieser Veränderungen zu organisatorischen Verbesserungen im Interesse der älteren Menschen auch in Eschweiler kommen könnte.

Kaum anders als die Podiumsmitglieder betonten anschließend zahlreiche Bürgerinnen und Bürger die hohe Wertigkeit, die die ehrenamtliche Unterstützung bereits heute für ältere Menschen auch in Eschweiler besitzt und die sie angesichts immer mehr auch im Alter alleinlebender Menschen und eines abnehmenden familiären Zusammenhalts in der Zukunft haben wird. „Früher auf dem Dorf …“, so begannen viele Statements, doch für die meisten steht fest, dass diese früher auf dem Dorf durchaus übliche gegenseitige Unterstützung auch im Alter durch Nachbarn heute nicht mehr gegeben ist und diese Unterstützungsstruktur auch nicht mehr für die Zukunft erwartet werden kann. Immer wieder angemahnt wurde von den Teilnehmenden auch eine bessere Information darüber, wo man sich denn ehrenamtlich engagieren könne. „Viele wollen, wissen aber gar nicht, wo und wie sie helfen können“, so der Tenor vieler Beiträge. Doch nicht nur Informationen über das „Wo“ und „Wie“ fehlen nach dem Eindruck von Teilnehmenden, auch die rechtlichen Rahmenbedingungen und insbesondere versicherungsrechtliche Fragen verhindern nach den Erfahrungen von Teilnehmern die Bereitschaft, sich ehrenamtlich für ältere Menschen zu engagieren. Vielfach geäußert wurde auch der Wunsch, dass sich junge und ältere Menschen gemeinsam für andere engagieren sollten – ein Wunsch, der nach den Erfahrungen eines jungen Teilnehmers immer schwerer realisieren lässt, da es selbst für etablierte Organisationen – so auch für die freiwillige Feuerwehr – immer schwerer wird, junge Menschen für ein bürgerschaftliches Engagement angesichts ihres engen vor allem durch Schule geprägten Zeitbudgets zu gewinnen.

Andererseits: In verschiedenen Städten hat man bereits seit längerem auch neue Wohnformen geschaffen, die auf die gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt setzen und es so älteren Menschen ermöglichen, so lange wie gewünscht in den „eigenen“ vier Wänden zu bleiben. Sie und andere wünschen sich das auch vermehrt in Eschweiler. Aber gerade das Thema „Wohnen“ veranlasste zahlreiche Teilnehmende dazu, auch Wohnmöglichkeiten für ältere Menschen anzumahnen, die Unterstützung beim Wohnen in den „eigenen“ vier Wänden bieten, die aber auch für kleinere Geldbeutel und vor dem Hintergrund der zunehmenden Altersarmut bezahlbar bleiben müssten.

So sehr auch im Auditorium und Podium Einigkeit bestand, dass schon heute, aber in der Zukunft sicherlich noch verstärkt das bürgerschaftliche Engagement für ältere Menschen ein sehr wichtiges Element in der sozialen Versorgungskette sein wird, so sehr bestand auch Übereinstimmung darin, dass die Organisation des ehrenamtlichen Engagements auf der kommunalen Ebene weiter optimiert werden muss. Erforderlich ist dazu aus der Sicht einiger Teilnehmenden ein neuer organisatorischer Rahmen im Quartier, der die ehrenamtliche Arbeit koordiniert und mit den Unterstützungsbedarfen der älteren Menschen vor Ort auf kurzem Wege zusammenbringt. Die Aktivitäten im niederländischen Schinveld liefern dazu ein Beispiel, wie das gemacht werden kann.

Zum Abschluss des 2. Quartiers-Forums hob der Seniorenbeauftragte der Stadt Eschweiler, Peter Toporowski, hervor, dass aus seiner Sicht ehrenamtliches Engagement für ältere Menschen nicht erst dann beginnt, wenn man sich gemeinsam mit anderen in einem „großen System“ engagiert. „Bürgerschaftliches Engagement für ältere Menschen“, so Toporowski, ist gerade auch das „stille“ Helfen für ältere Nachbarn im Alltag. Und gerade auch um diese Facette müssen sich aus Sicht von Toporowski Aktivitäten zur Entwicklung eines altengerechten Quartiers kümmern. „Das heißt, das Bewusstsein von der Notwendigkeit und die Bereitschaft zur Hilfe älterer Menschen muss im Alltag weiter geschärft werden. Genau dies zeichnet neben anderen Dingen ein altengerechtes Quartier auch in Eschweiler aus“, so Toporowski in seinem Schlussplädoyer. Wie das im Quartier Eschweiler-Zentrum konkret geschehen kann, wird auch eine der zu diskutierenden und zu lösenden Aufgaben in den jetzt startenden Arbeitsgruppen des Projektes zur Entwicklung eines altengerechten Quartiers in Eschweiler-Zentrum sein.

In einem kurzen Ausblick auf die weitere Arbeit des Projektes in Eschweiler griff Peter Toporowski dann nochmals das Thema „Wohnen“ auf. Mit diesem Themenschwerpunkt wird sich das 3. Quartiers-Forum am 8. November 2016 im Ratssaal des Rathauses der Stadt Eschweiler beschäftigen. „Wir wollen da konkret sehen, was es in anderen Städten schon an guten Beispielen für das Wohnen im Alter gibt und lernen, was wir davon auch in Eschweiler möglich machen können“ hofft der Seniorenbeauftragte.

 


 

Stefan Kämmerling MdL - Nachrichten aus Düsseldorf und dem Wahlkreis 4

Den Senioren ein Leben zu Hause ermöglichen!

Im Rahmen des Projekts „Quartier Eschweiler-Zentrum“ wird eine altengerechte Innenstadt in den Fokus gerückt.

Mehr lesen?  http://stefankaemmerling.de/den-senioren-ein-leben-zu-hause-ermoeglichen/

 

 

Presse:

Eschweiler Zeitung:

Bürger helfen, dass die Stadt altengerecht wird